Nach tragischem Unglück Griechen am zehnten Tag auf der Straße: „Wir werden euch stürzen“

Nach der schlimmsten Katastrophe in der Geschichte des Landes protestieren seit zehn Tagen Griechen im ganzen Land. An der Fassade des Rektorats der Universität Athen wurden riesige Transparente mit den Worten „Wir werden euch stürzen“ und „Mörder“ aufgehängt.

Mehr als 40.000 Menschen protestierten heute in der griechischen Hauptstadt Athen, laut Polizei mehr als 65.000 im ganzen Land, da die Wut über das schlimmste Zugunglück der vergangenen Woche, bei dem 57 Menschen ums Leben kamen, anhält. Die Demonstrationen finden zeitgleich mit einem Streik der Beamten statt, dem sich Tausende andere Beschäftigte angeschlossen haben.

Der größte Protest fand in Athen statt, wo mehr als 40.000 Menschen die Straßen überschwemmten und Transparente mit der Aufschrift „Das ist kein Unfall, das ist ein Verbrechen“ und „Jeder von uns hätte in diesem Zug sitzen können“ schwenkten, berichtete die französische AFP Nachrichtenagentur.

Es gab Unruhen. Dutzende maskierte, schwarz gekleidete Jugendliche warfen vor dem Parlamentsgebäude Molotow-Cocktails und Steine ​​auf die Polizei. Die Polizei reagierte mit Tränengas.

Auch in der zweitgrößten Stadt Thessaloniki kam es zu Ausschreitungen, wo sich mindestens 15.000 Menschen versammelten. Die Polizei setzte auch Tränengas gegen Demonstranten ein, die Steine ​​vor dem örtlichen Bahnhof warfen.

Nach Angaben der Polizei gingen heute landesweit mehr als 65.000 Menschen auf die Straße, berichtet AFP.

Die Demonstrationen finden zeitgleich mit einem 24-stündigen Streik griechischer Beamter statt, denen sich heute Ärzte, Lehrer und Verkehrsunternehmen aus Protest gegen das tragische Zugunglück angeschlossen haben.

Unter den Streikenden seien auch Schiffs- und Bahnarbeiter und Busfahrer sowie der gesamte öffentliche Dienst, wodurch das Land völlig lahmgelegt sei, berichtet die deutsche Nachrichtenagentur dpa.

Die Streiks fanden in 76 griechischen Städten statt, betrafen aber besonders Großstädte wie Athen und Thessaloniki, wo die Verkehrsverhältnisse inzwischen chaotisch sind, da Bus- und Straßenbahnverbindungen sowie die U-Bahn betroffen sind. Fähren blieben in Häfen und ließen viele Inseln vom Festland abgeschnitten zurück.

Die wichtigsten Gewerkschaften des Landes haben zum Streik aufgerufen. Angesichts des katastrophalen Eisenbahnunglücks kritisierten sie die Privatisierungspolitik der Regierung. Auch die Gewerkschaften fordern eine umfassende Aufklärung des Unfalls, berichtet dpa.

Auch Schüler und Studenten schlossen sich den Protesten an. Letztere besetzten Universitäten im ganzen Land, um Gerechtigkeit für die Opfer des Absturzes zu fordern, von denen viele Studenten waren, und beschuldigten die konservative Regierung, das Schienennetz des Landes zu vernachlässigen.

An der Fassade des Rektorats der Universität Athen wurden laut der spanischen Nachrichtenagentur EFE riesige Transparente mit den Worten „Wir werden euch vernichten“ und „Mörder“ aufgehängt.

Das Unglück ereignete sich am vergangenen Dienstag, als kurz vor Mitternacht ein Personenzug mit 352 Menschen auf dem Weg von Thessaloniki nach Athen mit einem entgegenkommenden Güterzug auf demselben Gleis der ansonsten zweigleisigen Strecke zusammenstieß. 57 Menschen starben, 14 bleiben im Krankenhaus.

Der Unfall löste eine breite öffentliche Empörung über den schlechten Zustand des griechischen Schienennetzes aus, das laut streikenden Arbeitern für jahrelange Vernachlässigung, unzureichende Investitionen und Unterbesetzung verantwortlich gemacht wird, die alle das Ergebnis der jahrelangen Wirtschaftskrise Griechenlands sind, berichtet dpa.

2017 verkaufte die griechische Regierung im Rahmen eines internationalen Hilfsprogramms den staatlichen Bahnbetreiber, der heute Hellenic Train heißt, an das italienische Unternehmen Ferrovie dello Stato Italiane.

Regierung des Premierministers Kyriakos Mitotakis, der bei den Frühjahrswahlen eine Wiederwahl anstrebt, führt den Unfall auf menschliches Versagen zurück. Unterdessen werden Rufe nach dem Rücktritt von Mitsotakis und seiner Regierung immer lauter.

Der Chef des Bahnhofs Larisa, der den entscheidenden Fehler begangen haben soll, einen Personenzug auf dieselben Gleise wie einen entgegenkommenden Güterzug umzuleiten, sitzt derzeit in Untersuchungshaft. Nach bisherigen Erkenntnissen war er unterqualifiziert und begann ab einem gewissen Alter mit der Ausbildung zum Stationsleiter. Gleichzeitig funktionierten die elektronischen Steuerungs- und Sicherheitssysteme nicht oder nur teilweise, so dass auch die Technik menschliches Versagen nicht kompensieren konnte, berichtet dpa.

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Helfried Kraus

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