Deutschland drohen Teilverbote für Dieselfahrzeuge

Berlin – Das Bundesverwaltungsgericht erlaubt Städten, die unter überhöhten Stickoxidwerten leiden, ein Fahrverbot für Dieselfahrzeuge. Die Börsenwerte der deutschen Automobilhersteller fielen unmittelbar nach der Urteilsverkündung, beim Volkswagen-Konzern, der als erster Betrug bei der Messung von Dieselabgasen eingestanden hatte, sogar um zwei Prozent.

Leipziger Richter weigerten sich, die Länder Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg auf die Entscheidung der Gerichte in Düsseldorf und Stuttgart zu überprüfen, die nach Klagen der Deutschen Umwelthilfe (DUH) bereits teilweise Fahrverbote für Dieselfahrzeuge zugelassen hatten. . Mehrere Städte und Kommunen klagen gegen die DUH und müssen nun gemeinsam mit vielen anderen darüber nachdenken, wie sie die Konzentration schädlicher Dieselabgase bestmöglich reduzieren können.

Richter sprechen auch davon, unverhältnismäßige Auswirkungen ihrer Urteile zu vermeiden, was die Bundesregierung betont. „Es geht um einzelne Städte, in denen noch mehr Handlungsbedarf besteht, es geht wirklich nicht um ganze Gebiete und alle Autobesitzer in Deutschland“, versuchte der Bundeskanzler zu beruhigen Angela Merkel. Er warnt davor, dass viele Städte ihre Grenzwerte für die Luftverschmutzung nicht so stark überschreiten und diese möglicherweise bald mit Hilfe der Bundesregierung senken können.


Leipziger Richter haben Fahrverbote für Dieselautos zugelassen. Foto: AFP/DPA

„Verbote sind möglich und können unter Vermeidung unverhältnismäßiger Auswirkungen durchgesetzt werden“, sagte der Vorsitzende Richter Andreas Korbmacher. „Die Regeln der Europäischen Union erfordern ihre Umsetzung in Städten, sofern es keine anderen wirksamen Maßnahmen zur Reduzierung der Umweltverschmutzung gibt.“ Saubere Luft sei nicht verhandelbar, verkündeten Demonstranten der Organisation Greenpeace heute Mittag vor dem Gerichtsgebäude, sie seien auch zufrieden mit der Deutschen Umwelthilfe (DUH), die von ihr Klagen eingeleitet habe. „Das ist ein völliger Sieg für uns, das Gericht hat uns in allen wichtigen Fragen unterstützt“, sagte sein Präsident den Medien Jürgen Resch. „Wir erwarten jetzt, dass die Autoindustrie die Autos aufrüstet, und dass die Bundesregierung Regeln erlässt, die es den Städten ermöglichen, das Verbot umzusetzen.“

„Wir stoßen auf riesige Probleme“

Damit sticht der Präsident der DUH sogar gegen den grünen Ministerpräsidenten des Landes Baden-Württemberg Winfried Kretschmann, die zwar von Deutschlands größter Umweltpartei kommt, sich aber gegen örtliche Verbote ausgesprochen hat und argumentiert, solche Entscheidungen seien Aufgabe der Bundesregierung. Resch hatte ihm und anderen deutschen Politikern zuvor vorgeworfen, Marionetten der Dieselindustrie zu sein. Hohe Konzentrationen an Stickoxiden, die von Dieselmotoren überproportional ausgestoßen werden, sind charakteristisch für viele deutsche Städte, aber Stuttgart veranschaulicht das deutsche Dilemma am besten.

Die dortige Messstation Neckartor gilt als der am stärksten belastete Punkt des Landes, doch einen großen Teil seines außergewöhnlichen Wohlstands verdankt das Heimatland von Daimler, Bosch und anderen Unternehmen der Automobilindustrie. Die aktuellen Probleme durch den Einsatz von Diesel begannen eigentlich in Niedersachsen, wo zunächst beim Volkswagen-Konzern groß angelegte Betrügereien bei der Messung von Dieselabgasen aufgedeckt wurden, die Affäre jedoch bald auf andere deutsche und ausländische Hersteller von Dieselfahrzeugen übergriff.


Allein in Deutschland sterben jedes Jahr mehrere tausend Menschen an Dieselabgasen. Foto: AFP

Umweltorganisationen und andere fordern bereits blaue Umweltzeichen für Dieselfahrzeuge, andere erwarten von der Bundesregierung, dass sie sich für die Aufrüstung von Dieselmotoren einsetzt, die auch die Union aus CDU, CSU und SPD im Koalitionsvertrag erwähnt, wohl auf Kosten von Hersteller. „Autofahrer haben mehrere Monate Gnadenfrist, ich gehe davon aus, dass es in einem halben Jahr die ersten Fahrverbote geben wird“, sagte er gegenüber n-tv Ferdinand Dudenhöffer vom CAR-Institut der Universität Duisburg-Essen. „Beim Diesel hat der Gipfel nichts gebracht, wir stoßen auf riesige Probleme.“ Claudia Kemfert Das Berliner DIW-Institut hofft jedoch, dass der politische Schutz für die Automobilindustrie nun vorbei sei. „Politik und Autokonzerne müssen endlich handeln.“ Dieselabgase werden allein in Deutschland für Tausende vorzeitiger Todesfälle verantwortlich gemacht, obwohl Verkehrsexperten sagen, dass die Kohlendioxidbelastung in Deutschland im vergangenen Jahr zurückgegangen ist.

Unvorhersehbare Belastungen für die Wirtschaft

Sogar der Bürgermeister von Rom Virginia Raggi kündigt die Vertreibung von Dieselautos aus der italienischen Hauptstadt bis spätestens 2024 an, zunächst für Privatwagen, und Vertreter der deutschen Wirtschaft warnen vor unvorhersehbaren Belastungen für die Wirtschaft. Präsident der Deutschen Handelskammer Hans Peter Wollseifer forderte Städte und Gemeinden bereits dazu auf, von Verboten Abstand zu nehmen, da es sich seiner Meinung nach um „massive Eingriffe in Eigentumsrechte, Mobilität und Berufsfreiheit“ handele.

Aufgrund des günstigen Dieselpreises und der damaligen Überzeugung, dass es sich um einen saubereren Kraftstoff handelt, fahren deutsche Handwerker und andere Gewerbetreibende überwiegend Dieseltransporter und andere Fahrzeuge, auch Vertreter von Paketzustellern warnen vor Behinderungen bei ihrer Arbeit. Ausnahmen für Handwerker und andere hatte der Präsident des Leipziger Landgerichts, Andreas Korbmacher, bereits erwähnt, nicht jedoch finanzielle Abfindungen. „Manche Einbußen müssen hingenommen werden.“

Drohungen mit teilweisen Fahrverboten für Dieselautos schüren bereits den politischen Streit in Deutschland. Laut dem liberalen Führer Christian Lindner Das ist ein Schlag gegen Freiheit und Eigentum, Herr Grünenführer Cem Özdemir Doch gemeinsam mit anderen klagt der bayerische Christsozialführer an Alexander Dobrindt, der bis vor Kurzem Bundesverkehrsminister war. Der Volkswagen-Skandal ist bereits mehr als zwei Jahre alt und die Regierung könnte sich besser auf seine Folgen vorbereiten, sagen Kritiker.

Hildebrand Geissler

"Leser. Student. Popkultur-Experte. Subtil charmanter Introvertierter. Twitter-Geek. Social-Media-Guru."

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert