Berlin – Nur wenige Tage nach der Entscheidung Deutschlands zur Vignette für ausländische Pkw kündigen vier Nachbarländer Konsultationen zu einer möglichen Klage vor dem Europäischen Gerichtshof an.
Die Verkehrsminister Luxemburgs, der Niederlande, Österreichs und Belgiens würden sich vor dem gesamteuropäischen Treffen im Juni in Luxemburg treffen, um über weitere Maßnahmen zu beraten, kündigte der Pressesprecher der luxemburgischen Regierung an. Ende letzter Woche hat Deutschland die Vignette für das Fahren von Privatfahrzeugen auf seinen Autobahnen genehmigt und gleichzeitig den Besitzern im Inland zugelassener Pkw die Kfz-Steuer in mindestens gleicher Höhe erstattet. Der neue Verkehrsminister der bayerischen CSU Alexander Dobrindt ist davon überzeugt, dass die inländische (Nicht-)Besteuerung eine innerdeutsche Angelegenheit ist, viele Nachbarländer sind damit jedoch nicht einverstanden. Obwohl das neue Gesetz, das 2019 in Kraft treten soll, von der Europäischen Kommission nicht mehr abgelehnt wird, beginnen Luxemburg, die Niederlande, Österreich und Belgien mit Konsultationen über eine mögliche gemeinsame Klage vor dem Europäischen Gerichtshof.
Grundsatztreue
Wer schon einmal auf deutschen Autobahnen gefahren ist, weiß, wie oft sich dort Fahrzeuge aus allen möglichen Ländern drängen und viele dringend reparaturbedürftig sind. Lkw, egal ob im In- oder Ausland, zahlen bereits ihren Beitrag, Pkw müssen dies bislang nicht tun, was sich auch daran zeigt, dass Deutschland an seinem bereits berühmten Grundsatz der freien Fahrt festhält und das in den meisten anderen Ländern übliche generelle Tempolimit ablehnt Europäische Länder.
Sie ist im letzten Wahlkampf auch die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel lehnte „Vignetten für Autofahrer im Inland“ entschieden ab und überließ die Gestaltung der Vignetten für anderswo zugelassene Fahrzeuge seinem Verkehrsminister. Dies geschieht nach langen Verhandlungen mit dem zuständigen EU-Kommissar Violetter Bulc Trotz zahlreicher Korrekturen in der Schlussphase der aktuellen Regierungskoalition gelang es dennoch, eine Gesetzgebung zur Pkw-Vignette zu erlassen.
Wie erwähnt erhalten Besitzer von in Deutschland zugelassenen Fahrzeugen je nach Motorleistung und Umweltfreundlichkeit ihr Geld zurück, ausländische Autofahrer zahlen für die jährliche Nutzung deutscher Autobahnen zwischen 67 und 130 Euro, können sich aber auch für eine kurzfristige Nutzung entscheiden Vignetten. Die Vignette – für Fahrzeuge mit Benzinmotor wird günstiger sein als für Diesel – muss nicht mehr auf die Windschutzscheibe geklebt werden, da sie über die elektronische Kontrolle der Nummernschilder kontrolliert wird. Der Zahlungsbeginn für Vignetten ist für 2019 angekündigt und bald wird eine europaweite Ausschreibung zur Ermittlung des besten Projektinhabers angekündigt.
Deutsche „österreichische“ Aussprache
Viele Deutsche bezweifeln, dass die Pkw-Vignette wirklich eine halbe Milliarde Euro pro Jahr bringen wird, wie Minister Dobrindt prognostiziert, und Kritiker erwarten eine komplizierte und bürokratische Umsetzung. Darüber hinaus befürchten Deutschlands Nachbarn, dass ihre Bürger für das Fahren auf deutschen Autobahnen tiefer in die Tasche greifen müssen als inländische Autofahrer. „Wir verhalten uns unserer Meinung nach genauso wie Österreich“, weist Bundeskanzlerin Angela Merkel diese Vorwürfe zurück. „Österreich hat mit der Einführung der Vignette auch Maßnahmen gegenüber seinen Autofahrern ergriffen.“ Damit spielt er auf geänderte Pauschalen für Fahrten zum Arbeitsplatz und eine Senkung der Mehrwertsteuer beim Kauf von Privatfahrzeugen an. Nach Ansicht der Kanzlerin haben die Österreicher auch dafür gesorgt, dass ihre Bevölkerung nicht mehr „massiv“ belastet wird, sodass ihre Maßnahmen ihrer Ansicht nach nicht diskriminierend sind. Er weist auch darauf hin, dass sie die Vignettenpreise für die umweltfreundlichsten Autos stark gesenkt haben, räumt aber auch „Meinungsverschiedenheiten“ mit der Tschechischen Republik ein.
Während einige hoffen, dass die deutsche Vignette von der nächsten Regierung abgeschafft wird, plant EU-Kommissarin Violeta Bulc bereits europaweite Vignetten, basierend auf den tatsächlich zurückgelegten Kilometern jedes Fahrzeugs und den Umweltschäden. Die so gewonnenen Mittel würden in die Infrastrukturprojekte einzelner Länder zurückfließen, die auch eigenständig über den Beitritt zum europaweiten Vignettensystem entscheiden würden.
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