STA
03.08.2022 13:59
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| Aktualisiert: 14:05 / 03.08.2022
Bundeskanzler Olaf Scholz schätzte heute ein, dass eine Verlängerung des Betriebs der deutschen Kernkraftwerke, die Ende dieses Jahres abgeschaltet werden sollen, „sinnvoll“ sein könnte. Die Debatte darüber verschärft sich in Deutschland angesichts der zunehmend unsicheren Versorgung mit russischem Gas. Scholz warf Moskau heute vor, die Lieferung der Gasturbine für Nord Stream 1 bewusst blockiert zu haben.
„Aus Sicht der Energieversorgung in Deutschland sind die letzten drei Kernkraftwerke ausschließlich und nur zu einem geringen Teil für die Stromerzeugung von Bedeutung. Es könnte jedoch sinnvoll sein, sie in Betrieb zu lassen“, so Scholz .
Die deutsche Politik ist uneins darüber, wie sie ihre starke Energieabhängigkeit von Russland möglichst schnell reduzieren und gleichzeitig auf dem eingeschlagenen Weg der grünen Wende bleiben kann.
Ab dem 1. Oktober dürfen einige Kohlekraftwerke vorübergehend wieder Strom produzieren, und es gibt auch Initiativen, den Betrieb der letzten drei deutschen Atomkraftwerke zu verlängern, die sonst Ende dieses Jahres eingestellt werden müssten. Letztere wird vor allem von den Liberalen (FDP) und der konservativen CDU/CSU unterstützt, während Scholz‘ Sozialdemokraten (SPD) und die Grünen grundsätzlich dagegen sind.
Der deutsche Finanzminister und FDP-Chef Christian Lindner hat vor wenigen Tagen in der Bild-Zeitung den kompletten Verzicht auf Gas zur Stromerzeugung gefordert, da alles getan werden müsse, damit nicht zusätzlich eine Stromkrise ausbricht zu gasen. Gleichzeitig schlug er vor, den Betrieb der deutschen Kernkraftwerke notfalls bis 2024 zu verlängern und so den Ausfall der Stromerzeugung zu reduzieren.
Dem widersprach sofort Wirtschaftsminister Robert Habeck aus den Reihen der Grünen, der davor warnte, dass ein Stopp der Stromerzeugung aus Gas zu gravierenden Engpässen bis hin zu Stromausfällen führen würde. Die Regierung in Berlin hat angekündigt, die Ergebnisse des neuen Stresstests des nationalen Stromnetzes abzuwarten, um darüber zu entscheiden.
Deutschland ist stark von russischem Gas abhängig, und Moskau hat seine Nord Stream 1-Pipelineversorgung im Juni auf 40 Prozent und im Juli dann auf nur noch 20 Prozent der vollen Kapazität reduziert. Als Grund für das geringere Angebot nennt der russische Gasriese Gazprom die Reparatur von Gasturbinen oder die noch nicht erhaltene Siemens-Turbine, die in Kanada in Reparatur war.
Der deutsche Konzern Siemens Energy, bei dem die umstrittene Turbine auf dem Weg von Kanada nach Russland Halt machte, behauptet, sie sei seit einiger Zeit exportbereit, es fehle aber die Zolldokumentation für die Einfuhr nach Russland, die nur Gazprom vorlegen könne. Diese wiederum wirft Siemens vor, die notwendigen Unterlagen und Informationen zur Reparatur der Anlage nicht übergeben zu haben.
In diesem Zusammenhang hat Scholz heute bei einem Besuch bei Siemens Energy in Mülheim an der Ruhr Russland scharf kritisiert und ihm indirekt vorgeworfen, die Lieferung einer Gasturbine bewusst zu blockieren und dies als Vorwand für eine geringere Lieferung zu nehmen Gas.
„Die Turbine ist da, sie kann geliefert werden, jemand muss nur ja sagen, ich will sie haben, dann ist sie ganz schnell da“, beteuerte Scholz und fügte hinzu, dass die technischen Gründe von Gazprom nicht auf Fakten beruhen. Er wies auch darauf hin, dass es absolut keine Gründe gebe, die Turbine nicht an die Russen zu liefern, da sie nicht nur in einwandfreiem Zustand sei, sondern ihre Lieferung auch nicht gegen Sanktionen verstoße.
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