Es ist vielversprechend, aber zwischen den Füchsen ist wenig Platz

Dortmund – Wie sehr sich das deutsche Umfeld von dem in Spanien, Italien oder Portugal unterscheidet, zeigt sich am deutlichsten bei den Trainern. Borussia Dortmund ist zwar weit von der deutschen Spitze entfernt, aber dass man in Dortmund den Trainer wechseln sollte, denkt kaum jemand. Und schon gar nicht vor dem Champions-League-Gastspiel bei Benfica.

Wenn ich wäre Thomas Tuchel bei einem ambitionierten spanischen Klub würde er von Journalisten, Fans und Management auf die Straße gebracht werden. Aber nicht in Deutschland. Dort ist es so anders, dass der 43-jährige Tuchel es sich sogar leisten kann, seine Vorgesetzten angesichts schlechter Ergebnisse zu kritisieren, und diese dann jede Möglichkeit leugnen, dass Tuchel woanders hingeht. Sie müssen sich bei Arsenal über ihn freuen, denn früher oder später müssen die Gunners einen Ersatz für ihn finden Arsene Wenger.

Der Wechsel auf die Insel riecht für Tuchel wahrscheinlich auch gut, denn dort wird er genauso denken wie in seiner Heimat Deutschland – dem Trainer wird blind vertraut, auch wenn er nur Plätze in der Nähe der Spitze einheimst. Der englische Humor ist auch im Fußball scharfsinnig, denn englische Fußballchronisten wiesen schnell darauf hin, dass Tuchel als Trainer des viertplatzierten Borussia Dortmund wie geschaffen für Arsenal sei, das Saison für Saison vollkommen zufrieden ist, wenn es Vierter wird.

Dennoch gilt Tuchel immer noch als das neue Wunderkind unter den Trainern. Seine Borussia spielte zweifellos in einigen Spielen hervorragend, kassierte aber auch einige unerwartete Niederlagen. Einige Stars verließen Dortmund im vergangenen Sommer (Hummels, Mkhitaryan, Gündogan…), Tuchel hat also recht, wenn er sich darüber beschwert, ständig mit Teenagern zu spielen (Dembele, Mor, Pulisic…), aber nur teilweise, denn im gelb-schwarzen Trikot der Borussia stecken gestandene und bewährte Fußballer wie Schürrle, Götze, Guerreiro, Bartra…

Und wir haben schon oft gesehen, wie groß der Unterschied zwischen einem vielversprechenden Trainer und einem echten Großmeister ist. Tuchels Vorgänger Jürgen Klopp wartet also noch immer auf seinen endgültigen Durchbruch, denn die Konkurrenz durch hartgesottene Füchse ist unerbittlich. Ancelotti zum Beispiel hat zu viele Staraufstellungen ausgetauscht und ist mit nur drei Lorbeeren (so viele wie der ehemalige Liverpool-Held Paisley) der erfolgreichste Trainer der Champions League, während Ferguson, Sacchi, del Bosque, Heynckes, Mourinho und Guardiola jeweils nur zwei europäische Titel haben… Die größten Trainer-Großmeister also, manche sogar mit mehr als dreißig Jahren Erfahrung!

Hildebrand Geissler

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