Scholz blickt zunächst auf Paris und Brüssel

Mit der gestrigen Wahl Olaf Scholz Für die deutsche Bundeskanzlerin wurden die sozialdemokratischen Ministerpräsidenten zur mächtigsten Gruppe im 27-köpfigen Europäischen Rat und überholten die Ministerpräsidenten der Europäischen Volkspartei. Unabhängig davon suchte der ungarische Ministerpräsident zu einem Zeitpunkt nach Konsens unter den europäischen Staats- und Regierungschefs Viktor Orbán nach dem Abgang der für ihre Kompromisspolitik bekannten Angela Merkel prognostiziert sie, dass die Zeit, in der in der Europäischen Union die Handschuhe ausgezogen werden müssen, nicht einfacher werden wird.

Die deutsche Außenpolitik hat sich in den vergangenen Jahren immer wieder gefragt, wie viel mehr Entscheidungen sie in Europa aufgrund ihrer starken wirtschaftlichen Rolle übernehmen soll, und gleichzeitig gab es in Berlin auch Vorbehalte wegen der historischen Verantwortung Deutschlands. Die neue Koalition, so scheint es, wird die Praxis und Außenpolitik der vorherigen weitgehend fortsetzen. So steht es zumindest im Koalitionsvertrag. Teilweise lässt sich aber auch eine Abweichung von der Außenpolitik der letzten Regierung von Angela Merkel feststellen.

Damit wird die Unterstützung für die Hinwendung Europas zu einem föderalstaatlichen System klarer definiert. Ein solcher Vorschlag soll laut den Parteien der Ampelkoalition SPD, FDP und Grüne auf dem Konvent am Ende der Konferenz zur Zukunft Europas während der anstehenden sechsmonatigen französischen EU-Ratspräsidentschaft formuliert werden . Die Koalition will auch eine transparentere Entscheidungsfindung im Europäischen Rat und eine Zunahme der Beschlussfassung mit qualifizierter Mehrheit, die bereits von der Vorgängerregierung Merkel unterstützt wurde.

Betonung der Rechtsstaatlichkeit

In dem 28 Seiten langen Abschnitt des Koalitionsvertrags zur Rolle Deutschlands in Europa und der Welt ist an mehreren Stellen die Betonung von Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten zu erkennen, die in der deutschen Außenpolitik noch mehr Gewicht haben werden als bisher. Sie wollen die Europäische Kommission bei der Weiterentwicklung des Mechanismus zum Schutz der Rechtsstaatlichkeit unterstützen, außerdem wollen sie die Rolle des EU-Gerichtshofs stärken, indem sie das Mandat von Richtern auf zwölf Jahre verlängern. „Die Haltung der neuen deutschen Koalition kann sich gegenüber Ländern ändern, die in illiberale Demokratien abgerutscht sind oder die Probleme mit den grundlegenden Postulaten der Rechtsstaatlichkeit haben. a.), werden sie sich noch entschlossener mit den Regeln der Transparenz und Kontrolle der Mittelverwendung in der gesamten Europäischen Union befassen“, sagt Dr. Matjaž Nachtigal vom Lehrstuhl für Internationale Beziehungen der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät. Er glaubt auch, dass das Hauptziel der neuen Koalition im Umgang mit der Pandemie die Modernisierung des Landes mit neuen Investitionen und der Übergang zu einer kohlenstofffreien Gesellschaft sein wird.

Größere außenpolitische Veränderungen sind zumindest laut Koalitionsvertrag im Verhältnis zu Russland und China zu erwarten, wo die Achtung der Menschenrechte noch stärker betont wird. Glückwünsche an Scholz kamen gestern aber auch aus Peking, wo die bilaterale Partnerschaft mit Deutschland als die wichtigste der Welt bezeichnet wurde, und aus Moskau, wo man für eine konstruktive Zusammenarbeit eintrat. Ansonsten wird im Frühjahr unter der Regierung Scholz entschieden, ob die Gaspipeline Severni tok 2 eine Nutzungsgenehmigung erhält.

„Der neue Außenminister wird eine große Rolle in der deutschen Diplomatie spielen, und es ist bereits aus der sechzehnjährigen Regierungszeit von Angela Merkel bekannt, dass die zentralen strategischen Weichenstellungen der Außenpolitik durch das Amt der Kanzlerin bestimmt werden“, warnt Nahtigal, der neue erwartet Sozialdemokratische Schattierungen in der deutschen Außenpolitik. aber keine großen Veränderungen.

„Ein weiteres großes Thema in der europäischen Politik ist das Schicksal des ausgesetzten Stabilitätspakts. Viele Ökonomen in Deutschland und der EU sind zu dem Schluss gekommen, dass er viele negative Auswirkungen hat und weder in der EU noch in den Mitgliedstaaten zu einer qualitativ besseren Fiskalpolitik führt. Die FDP wird sich gemeinsam mit Finanzminister Lindner deutlich stärker für eine strengere Umsetzung der Fiskalregeln einsetzen, gleichzeitig aber bereits ankündigen, dass mit Fiskalregeln für einen Ausgleich von Investitionen und Wachstum gesorgt werden muss eröffnet dies die Möglichkeit zur Flexibilität“, beschreibt Nahtigal die veränderte deutsche Haltung gegenüber dem Fiskalpakt. In der EU haben sie kürzlich eine Diskussion über eine Rückkehr zu den Grenzen für die Höhe der Staatsverschuldung der Mitgliedstaaten im Rahmen des Fiskalpakts oder auch über eine Änderung seiner Regeln, insbesondere hinsichtlich der zulässigen Kreditaufnahmegrenze, begonnen.


Konsensfindung in Paris und Rom

Interessant wird in diesem Zusammenhang das neue Verhältnis zwischen Frankreich, Deutschland und Italien, wo nun drei politisch nahe stehende proeuropäische Politiker an der Macht sind. Scholz‘ erste außenpolitische Reise führt ihn morgen nach Paris, wo er den Präsidenten treffen wird Emmanuel Macronder kürzlich den italienischen Ministerpräsidenten getroffen hat Mario Draghi schloss eine zwischenstaatliche strategische Partnerschaft nach dem Vorbild der deutsch-französischen, wenn auch lockerer. Alle drei wollen eine starke Europäische Union. Gleichzeitig wird die Zusammenarbeit Italiens und Frankreichs mit Deutschland im Hinblick auf mögliche Änderungen des Stabilitätspakts entscheidend sein, wobei Rom und Paris ihren Wunsch nach flexibleren Regeln für die Zeit nach der Pandemie nicht verbergen. Sowohl Italien als auch Frankreich gehören zu den EU-Mitgliedern mit dem höchsten Anteil an Staatsverschuldung im Verhältnis zum BIP.

Nach dem Besuch von Macron am Freitagvormittag wird Scholz am selben Tag in Brüssel erste Gespräche mit dem Präsidenten der Europäischen Kommission führen Ursula von der Leyen und Präsidenten des Europäischen Rates Karl Michel. Wenn das noch ein Vorbereitungstreffen für den Europäischen Rat nächste Woche ist, dann das abendliche Treffen mit dem NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg ein Ausdruck der Unterstützung Deutschlands für das transatlantische Bündnis. Der Koalitionsvertrag sieht nicht ausdrücklich vor, dass die neue Regierung zwei Prozent des BIP für Verteidigungsausgaben, sondern drei Prozent des BIP für die Entwicklungspolitik und die Umsetzung der Nato-Verpflichtungen aufwenden wird.




Hildebrand Geissler

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