Sport, insbesondere Fußball, ist eine Batterie des Nationalismus

Im Falle eines Scheiterns suchen Fans und Medien nach dem Schuldigen. Die Sündenböcke wurden zu Fußballspielern mit türkischen Wurzeln.

Mesut Özil wird gelyncht…
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Der Rückzug von Mesut Özil aus der Nationalmannschaft nimmt in der deutschen und sportlichen Öffentlichkeit eine zentrale Rolle ein. Vor der WM wirbelten er und sein Nationalmannschaftskollege Gündogan viel Staub bei den Fans und Verantwortlichen des Deutschen Fußball-Bundes auf, als sie sich bei seinem Besuch im Vereinigten Königreich mit dem türkischen Präsidenten Erdogan trafen, wo die beiden Fußballer Vereinsfußball spielen. Nach den medialen und politischen Lynchmorden reisten die beiden Fußballspieler dennoch zur Meisterschaft, wo die deutsche Nationalmannschaft ein wahres Desaster erlitt. Im Falle eines Scheiterns kamen starke (nationalistische) Emotionen auf Seiten der Fans zum Vorschein, die sich in Hassreden gegenüber Fußballspielern widerspiegelten, die keine „reinblütigen“ Deutschen sind.

In Deutschland herrschte eine allgemeine Amnesie, da die leidenschaftlichen Fans offenbar vergessen hatten, dass es Özil war, der einer der Schlüsselmänner war, die bei der WM 2014 für ihr Land Gold gewannen. Damals waren die Fans und die Medien alle Fußballer, auch solche, die Nachkommen von Einwanderern sind, werden zu ihren Helden gemacht. Im Falle eines Scheiterns suchen Fans und Medien nach dem Schuldigen. Zu den Sündenböcken wurden Fußballspieler mit türkischen Wurzeln, die sich vor der Meisterschaft mit dem Autokraten Erdogan trafen. Özil und Gündogan werden beschuldigt, nicht mehr als politische Marionetten des türkischen Regimes zu sein, und ihre fußballerischen Fähigkeiten sind marginal geworden, weil sie den Deutschen Adler aufgrund ihrer türkischen Wurzeln nicht genug lieben.

Sport, insbesondere Fußball, ist eine Batterie des Nationalismus. Ein hervorragendes Beispiel ist die kürzlich zu Ende gegangene Fußballweltmeisterschaft, bei der unsere südlichen Nachbarn und ihre politische Elite alle Grenzen des guten Geschmacks überschritten und gleichzeitig den größten sportlichen Erfolg in der Geschichte des Landes feierten. Politiker, die auf der Welle der Fußball-Euphorie mitschwangen und das nationale Bewusstsein weiter stärkten, setzten erfolgreich ihr Garn auf den Erfolg der Sportler.

Gianluigi Buffon ist sicherlich ein Spitzensportler, und mit seinen Sympathien für neofaschistische Ideen hat er definitiv einen größeren Einfluss auf die Jugend als der inzwischen ehemalige deutsche Nationalspieler, der ein Nachkomme türkischer Einwanderer ist.

Nationale Zugehörigkeit ist ein soziales Konstrukt, das bestimmt, wer Mitglied einer bestimmten Nation ist (sein kann). Dabei geht es um verschiedene Kriterien, die Individuen definieren, vom Geburtsort über Religionszugehörigkeit, Hautfarbe, Vor- und Nachname etc. Im Sport ist die nationale Zugehörigkeit jedoch deutlich fragmentierter. Die Farben eines bestimmten Landes werden auch von Personen „verteidigt“, die aufgrund verschiedener Faktoren, von Kriegen im Heimatland bis hin zu besseren Arbeits- und Entwicklungsbedingungen, in ein anderes Land ziehen. Das grundlegende Axiom im Bereich der nationalen Sportarten ist die Qualität des Sportlers oder der Sportlerinnen. Wenn eine Mannschaft oder ein einzelner Athlet erfolgreich ist, spielt die ethnische Zugehörigkeit oder Religion des Einzelnen keine Rolle, denn wenn er erfolgreich ist, ist er „unser“ Athlet. Im Falle eines Scheiterns stehen die Nachkommen der Einwanderer an vorderster Front giftiger, hasserfüllter, beleidigender Worte und Taten von Patrioten und Patrioten. Gerade diese Migranten und Einwanderer spielen im Sport meist eine Schlüsselrolle. Hätte Frankreich die Weltmeisterschaft nur mit einer ethnisch homogenen Mannschaft, die nur aus weißen Franzosen bestand, gewonnen?

Im Fall von Özil ist es Feindseligkeit, Intoleranz gegenüber seiner ethnischen Zugehörigkeit, die nicht vom Einzelnen gewählt werden kann. Ein viel größeres Problem sind die veränderlichen Faktoren, die einen Menschen ausmachen. Dazu gehören extreme politische Positionen, wie zum Beispiel viele neofaschistische Einstellungen, sowohl von Sportlern als auch von Fangruppen. Sportler und insbesondere Fußball-Superstars haben einen starken Einfluss auf junge Menschen und tragen durch die offene Wahl extremer politischer Positionen erfolgreich Hassreden gegenüber anderen in den öffentlichen Diskurs ein. Gianluigi Buffon ist sicherlich ein Spitzensportler, und mit seinen Sympathien für neofaschistische Ideen hat er definitiv einen größeren Einfluss auf die Jugend als der inzwischen ehemalige deutsche Nationalspieler, der ein Nachkomme türkischer Einwanderer ist.

Christiane Brandt

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