Die Touristensaison ist in vollem Gange. Cafés, Bars, Kaffeehäuser, Konditoreien, Bäckereien, Gasthäuser sind voll. Lächelnde Gesichter, Familien im Urlaub, Pommes, Fisch, Eis und so weiter und so weiter.
Halten Sie es wirklich für normal, dass Sie bei all dem immer wieder von einem Kellner bedient werden, der immer lächelt, immer für Sie da ist, sich immer Zeit nimmt und Sie zwischendurch fragt, ob alles in Ordnung ist? Erklären Sie mir also, wie dieser Kellner das tun soll, während er zwischen den Bestellungen hin- und herwechselt? Wenn er nicht einmal weiß, wie spät es ist? Anhand der ankommenden Kunden weiß er nur, wie spät es ist. Schön fürs Geschäft, oder? So viele Kunden nämlich. Aber. Was bleibt am Ende des Tages für den Arbeitnehmer übrig? An den Kellner, den Koch, den Hilfskoch, den Geschirrspüler, den Bäcker, die Reinigungskraft, das ganze Team dahinter schick Ein Teller, der aussieht, als wäre er für ein Instagram-Foto und nicht als etwas zum Essen? Wie viele Stunden pro Tag arbeitet Ihrer Meinung nach beispielsweise dieser Kellner, den man jeden Tag in derselben Taverne trifft?
Als ich den Kellner das letzte Mal in Izola danach fragte, lächelte er nur bedeutungsvoll. Derselbe Kellner ist bereits im Ruhestand, aber er ist zur Arbeit zurückgekehrt. Es gebe keine Arbeiter, sagt er. Natürlich erklärt er mir das alles, wenn seine berufliche Deformität, also effektives peripheres Sehen, das Geschehen im Radio des Gasthauses mit den Kunden kontrolliert. Danach stürmt er zu einer Gruppe jüngerer deutscher Touristen und schaltet den Autopiloten ein, der humorvolle Witze ins Deutsche übersetzt. Dann dreht er sich um und unterhält sich mit neuen Kunden auf Italienisch. Ein paar Dutzend Kilometer weiter beobachte ich in einer der Küstenkonditoreien eine wirklich schöne Szene. Eine kleine Gruppe älterer Touristen stürzte sich in einen Kampf mit riesigen Obstbergen und wetteiferte darum, welches kitschiger ist. Dann winkt einer der Gäste dem Kellner zu. Der Kellner kommt und sie umarmen sich herzlich. Der Gast erklärt der Gruppe am Tisch stolz, dass er seit dreißig Jahren in diese Konditorei geht, dass er denselben Kellner seit dreißig Jahren kennt.
Ich bin sicher, dass solche Geschichten sehr bald nicht mehr live zu sehen sein werden, sondern nur noch im kollektiven Gedächtnis geparkt sein werden. Sie wissen schon, wie diese Schwarz-Weiß-Reportagen auf den Typenseiten „es war einmal“, als wir mit einem Tisch in den Urlaub fuhren, mit Klimaanlage in Form eines offenen Fensters entlang der Adria-Autobahn. Und so wird die Schublade der sanften Nostalgie die harte Realität schließen, die bereits laut fragt: „Aber wer zum Teufel würde schon ein Jahr, geschweige denn mehrere Jahre, in einem Job durchhalten, bei dem es so viel zu tun gibt, dass man nicht auf die Uhr, sondern nur auf den nächsten Auftrag schaut?“ Aber wer macht einen Job, bei dem die Hälfte des Gehalts auf dem Konto und die Hälfte im Umschlag liegt? Dann stellen Sie Jahre später bei der Berechnung der aussagekräftigen Höhe Ihrer Rente fest, dass Sie damit im Ruhestand monatlich 563 Euro erhalten? Aber wer macht schon einen Job, bei dem man sich abwechselnd die Schimpftiraden seines Chefs anhört, auf die düsteren Blicke der wartenden Kunden schaut, Unmengen an Essen und Getränken, die man sich nicht einmal leisten kann, mitbringt und wegnimmt, nur um am Ende ins Krankenhaus zu gehen, von wo man einen wegen der durch die Arbeit zerstörten Gelenke in die Rente schickt? Und dann reden Sie mit Ihren Kollegen aus der Hotellerie und tauschen Geschichten über das Erlebte und Überlebte aus. Und bei alledem hört man Arbeitgebern zu, die über den Mangel an Arbeitskräften weinen und Gruppenreisen auf die Philippinen und nach Indien unternehmen, um neue Arbeitskräfte zu finden.
In den letzten Tagen war ich beim Sommerseminar der Linken und bei einem Vortrag über alternative gewerkschaftliche Organisierung im Rahmen der Balkan Anarchist Book Fair. Beim ersten Mal hörte ich von den Gefahren der Robotisierung und Automatisierung für die Arbeitnehmerorganisation, beim zweiten hörte ich die Geschichte eines Arbeiters, der zwei Jahre lang in einem Hipster arbeitete als Genossenschaft Café in Wien, wo sie völlig ausgebeutet wurde und am Ende ihr Arbeitgeber 20.000 Euro schuldete. Und es ist interessant, wie bei dieser ganzen Debatte über Robotisierung, Automatisierung und künstliche Intelligenz irgendwie die Tatsache außer Acht gelassen wird, dass wir bereits Generationen von Arbeitern haben, die bereits als Arbeitsroboter programmiert sind und von denen erwartet wird, dass sie wie Roboter arbeiten. Wie dieser Arbeiter aus Wien. Als sie erklärte, dass der Chef sie anderthalb Stunden lang angestarrt habe, sagte sie gleichzeitig, dass sie überhaupt nicht reagiert habe. Wie ein Roboter. Oh, das stimmt nicht, dachte sie „was auch immer“. Und das alles passiert in der Gastronomie. Anstelle normaler Arbeitsbedingungen werden Arbeiter zu halblegalen Arbeitsrobotern ausgebildet, die entsorgt werden, wenn sie anfangen zu quietschen. Anstatt dass sich dies ändert, ändern sich die Instagram-Profile all dieser Unternehmen (sprich: verbessern) und investieren in effizientere Algorithmen, die Ihnen dieses und jenes Essen schneller liefern, dessen Lieferung Sie als Voyeur auch aus der Ferne auf Ihrem Mobiltelefon verfolgen können. Mittlerweile kann man in diversen Medien zwischen verschiedenen Kochshows und Kochrezensionen wählen, in denen bestimmte Köche als Filmstars hervorgehoben werden. Ah, denn Sie können sich auch einen Film ansehen, der Ihnen die realen Arbeitsbedingungen im Gastgewerbe vor Augen führt. Aber bei all den Gourmet-PR-Maschinen kommt es am Ende so aus, als wäre dies ein Job, bei dem die Regel gilt „Überleben der Stärksten, die am besten belohnt werden.“ Aber wer das Tempo und die Arbeitsbedingungen nicht aushält, der ist sein Problem.“
Ja, natürlich. Am Ende stellt sich nur die Frage: Was sollen wir über ein Unternehmen denken, das von falscher PR und der Ausbeutung anderer lebt? Dass es nicht sein sollte. Punkt.
Guter Lauf.
GORAN LUKIC
„Generaldenker. Schöpfer. Dezent charmanter Bierfan. Leidenschaftlicher Reisefanatiker. Schriftsteller. Kaffee-Ninja.“