Im vergangenen Jahr bearbeitete die deutsche Polizei 1.241 Straftaten gegen Beamte und Politiker, die einen politisch motivierten Hintergrund hatten. Die meisten Drohungen gegen Politiker stammen aus der rechtsextremen Szene, stellten die Polizisten fest. Aber auch die extreme Linke bedrohte häufig Politiker, insbesondere aus den Reihen der Alternative für Deutschland (AfD). Laut den Forschern nehmen die Drohungen gegen Politiker zu, sodass die deutsche Regierung zusätzliche Maßnahmen erwägt, um die Sicherheit von Politikern und Beamten zu gewährleisten. Über die Art und Weise, wie dies erreicht werden soll, gibt es jedoch unterschiedliche Ansichten. Sie streiten, seit Bürgermeister Landscheidt erfolglos versucht hat, eine Erlaubnis zum Tragen von Waffen zu erhalten. Aus diesem Grund wandte er sich an das Gericht, wo er versucht, sein Recht zum Tragen von Waffen nachzuweisen.
Vorsitzender der CDU Annegret Kramp-Karrenbauer Die Idee, „Politiker und Beamte zu bewaffnen“, lehnte sie entschieden ab. „Es ist die Verantwortung des Staates, Politiker zu schützen. Bewaffnung ist nicht der richtige Weg. Die steigende Zahl der Angriffe auf Politiker, Beamte, Polizisten und Rettungskräfte ist auch ein Spiegelbild der veränderten Stimmung im Land“, sagte sie und kündigte an, dass man lokalen Politikern Schutz bieten werde.
Politiker geben Mandate zurück
Doch der Druck ist oft so groß, dass manche Politiker lieber ihre Mandate abgeben und hoffen, dass dadurch die Drohungen aufhören. Das tat Ende des Jahres auch der Bürgermeister der niedersächsischen Stadt Estorf. Arnd Focke. Die Drohungen waren eine zu schwere Last für ihn, als dass er einfach abwinken konnte. Er erhielt Drohbriefe von der extremen Rechten per E-Mail, über soziale Netzwerke, sogar in seinen Briefkasten zu Hause, sein Auto war mit Hakenkreuzen beschmiert. Er übergab alles der Polizei und trat von seinem Posten zurück. Und doch hörten die Drohungen nicht auf. Extremisten gingen sogar noch weiter und schossen letztes Jahr in Halle durch die Fenster eines SPD-Abgeordneten. Karamba Diaby.
Die Lage in Deutschland ist besorgniserregend, und Politiker suchen daher nach einer Antwort auf die Frage, wie sich das Umfeld entgiften und Bedrohungen für Politiker verringern oder verhindern lassen. Dass sie zu Attentaten führen können, zeigten der Mord an Lübcke und der gescheiterte Mordanschlag auf die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker. 2016 wurde sie von einem Rechtsextremisten niedergestochen. Franka S.der versucht hatte, den Politiker zu töten, wurde zu 14 Jahren Gefängnis verurteilt. Doch während in einigen Parteien verstärkte Sicherheitsmaßnahmen gefordert werden, sehen andere Parteien, vor allem die Grünen, die Lösung in einer Verschärfung des Waffenbesitzgesetzes. Andere wiederum meinen, Polizisten müssten mehr Befugnisse erhalten, um Drohungen und Hassreden nachzugehen. In der SPD forderten alle Parteien mit Ausnahme der AfD aufgrund der immer ernsteren politischen Bedrohungen einen Krisengipfel, auf dem Maßnahmen beschlossen werden sollten.
Im Herbst verabschiedete die Bundesregierung einen Aktionsplan gegen immer stärker verbreitete Hassrede und Kriminalität. Dieser sieht unter anderem härtere Strafen für Hassrede und die Ausweitung des staatlichen Schutzes bei möglichen Beleidigungen und Drohungen gegen Kommunalpolitiker vor. Bislang war dieser Schutz nur Politikern auf Bundes- und Landesebene garantiert. Doch der Plan bleibt vorerst ein Brief auf dem Papier. Wann und wie die Bundesregierung ihn umsetzen wird, ist noch unklar.
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