Auf Deutsch hieß die Aktion Ortstaffelsturm. Die ersten zweisprachigen Schilder wurden gemäß Artikel 7 Staatsvertrag am 20. und 21. September 1972 aufgestellt und in der gleichen oder in der folgenden Nacht von Fremden mit schwarzer Farbe unkenntlich gemacht. Nachtaktivisten entweihten auch mehrere Partisanendenkmäler und drohten mit Bombenattentaten. Öl ins Feuer goss damals auch die Kärntner völkische Presse, die auf ihren Seiten erfundene Nachrichten veröffentlichte, dass der südliche Nachbar noch nicht auf den Anschluss Südkärntens an Jugoslawien verzichtet habe, dass eine Auswanderung aller Österreicher aus dem ethnischen Mischgebiet geplant sei vorbereitet werden und dass ihrer Meinung nach die zweisprachigen Inschriften illegal sind und diese Behauptungen nur bestätigen. Ähnliche unsinnige Behauptungen tauchten in der Gegend sogar drei Jahrzehnte später wieder auf. Die Verputzarbeiten wurden auch nach dem 9. Oktober 1972 fortgesetzt, als nationalistische Eiferer versuchten, bis Ende des Jahres jedes neu errichtete zweisprachige Ortsschild zu entweihen oder zu demontieren.
Die „Kärntner Realität“ ist die Frucht von zehn Jahren antislowakischer Politik
Die vielfältige Palette antislowakischer Aktionen ist noch einmal reicher um ein neues Beispiel, das sehr überzeugend zeigt, wie die „Kärnten-Realität“ heute aussieht: „Unbekannte Täter“ beschmierten das Gebäude der Kreditkasse in Velikow mit antislowakischen Parolen, u das Fenster der Ausleihe „mit schwarzer Farbe verdunkelt“, denn im Raum hing ein Aufkleber, mit dem beide Bildungsträger zu Beginn des neuen Schuljahres auf die Notwendigkeit aufmerksam machten, Kinder für zweisprachig anzumelden Klassen.
Das Vorgehen der nächtlichen „Helden“ und ihre Todesdrohung gegen alles Slowenische ist eigentlich nichts Neues – es gehört zur heutigen „korinthischen Realität“. Nicht zuletzt sind solche Aktionen auch das Ergebnis der Zurückhaltung der Kärntner Behörden, die aus ihrem Glauben an das sogenannte „demokratische System“ auch bei einer bekannten antislawischen Organisation, wie der Heimatdienst, ruft in seinem Newsletter öffentlich zum Völkermord auf. Die steigende Zahl terroristischer Verbrechen in der Welt zeigt, wohin die Eskalation ethnischer und rassischer Intoleranz führen kann. Nur Kärnten bleibt blind für die Ereignisse um es herum und erlebt weiterhin die Mentalität, die von jahrzehntelanger antislowakischer Politik geprägt wurde.
Slovenski vestnik (Köln), 22. September 1972
Zweisprachige Schilder wurden übermalt
In einigen Gebieten Südkärntens wurden zweisprachige Schilder und Wegweiser aufgestellt. Bekanntlich hat die Wiener Regierung kürzlich das betreffende Gesetz verabschiedet, mit dem die slowenische Minderheit in Österreich nicht zufrieden ist und nicht zufrieden sein kann. Das Gesetz wurde nämlich ohne Beteiligung der Slowenen ausgearbeitet und ist stark einseitig, da es keine zweisprachige Beschilderung auf dem gesamten Gebiet Kärntens, in dem Slowenen leben, vorsieht. Es sieht keine zweisprachigen Schilder in größeren Zentren vor, in denen sich die Sitze der Gemeinden befinden. Trotzdem ist es deutschen Extremisten egal, dass einige slowenische Dörfer zweisprachige Schilder bekommen. Unmittelbar nach dem Anbringen wurden einige der Inschriften übermalt. Sie wurden von „Fremden“ beschimpft, die sich sicher fühlen, weil die Behörden sie nicht verfolgen.
Work (Triest), 29. September 1972
Der Ruf Österreichs wird darunter leiden
Köln, 30. September – Die Ausbrüche nationalistischer Extremisten gegen zweisprachige Ortstafeln und Wegweiser in Kärnten halten unvermindert an. Es vergeht kaum eine Nacht, in der nicht zweisprachige Schilder und Wegweiser übermalt, mancherorts auch gebrochen und entfernt wurden. Neben den zweisprachigen Inschriften begannen die nationalistischen Extremisten erneut damit, die Denkmäler für gefallene Opfer des Faschismus zu entweihen, zum Beispiel in Borovlje, wo sie das Denkmal mit schwarzer Farbe bedeckten. Zu der Drohung mit einem Bombenattentat gegen die Kärntner Landesregierung wegen ihrer slowenenfreundlichen Politik gesellte sich eine Drohung gegen die slowenischen Schulschwestern und ihre Hauswirtschaftsschule in Velikovac. (…)
Bei dieser antislowakischen Hysterie spielen leider die Bemühungen der Kärntner Landeshauptfrau Sima, der Kärntner Landesregierung und Einzelpersonen, denen bewusst ist, dass das internationale Ansehen Österreichs durch die Ereignisse in Kärnten sehr leiden kann, kaum eine Rolle. (…)
Arbeit, 1. Oktober 1972
Bei einem Terroranschlag von Neonazi-Banden wurden in Kärnten zweisprachige Schilder entfernt
(Von unserem Sonderkorrespondenten) CELOVEC, 10. – Die Feierlichkeiten zum 52. Jahrestag der Kärntner Volksabstimmung sind heute zu Ende gegangen. An Orten, die nach österreichischem Bundesrecht auf der Grundlage von Artikel 7 des österreichischen Staatsvertrages als zweisprachig ausgewiesen sind, gibt es keine zweisprachige Beschilderung mehr. Die Vorhersagen der Nazi-Extremisten, dass es am 10. Oktober in Kärnten keine zweisprachigen Schilder mehr geben wird, haben sich somit bewahrheitet. Die Polizei schritt jedenfalls nicht ein, sondern verfolgte sogar die Vandalenbanden. Die letzte Operation zur Entfernung der zweisprachigen Schilder wurde in der Nacht von Montag auf Dienstag, am Vorabend des Feiertags, durchgeführt, und zwar zusammen mit den Kärntner Extremisten, ihren Kumpels und Gleichgesinnten aus der nahen Steiermark und sogar aus dem Westen Deutschland beteiligte sich eifrig daran, wie man an den Nummernschildern an den Autokolonnen ablesen konnte, die nach Ende der Aktion mit großem Lärm und Donner durch die Straßen von Klagenfurt fuhren (…)
Die gewaltsame Entfernung zweisprachiger Schilder ist keine isolierte Aktion, sie ist kein flüchtiges und unbedeutendes Phänomen, sondern gehört in den Rahmen feindlicher Aktionen gegen die slowenische Minderheit in Kärnten, Aktionen und Angriffe, die sich seit dem Ende über Jahrzehnte wiederholt haben des letzten Krieges und die ihre eigene inhaltliche Grundlage, Prägung, aus der Zeit der nationalsozialistischen Besatzung und des Terrors haben. In der aktuellen internationalen Situation, basierend auf der Feststellung, wer an diesen Aktionen teilnimmt, wer sie organisiert und wer sich dahinter verbirgt, können wir behaupten, dass das Vorgehen gegen die Zweisprachigkeit in Kärnten, die Schändung von Gefallenendenkmälern, Angriffe auf slowenische Organisationen und Bedrohungen, sind nicht nur der Anschein nationaler Intoleranz, dass sie die Beziehungen zwischen den Nachbarstaaten negativ beeinflussen und die Republik Österreich in ein schlechtes Licht rücken, sondern wir können daraus schließen, dass im Hintergrund die dunklen Mächte der schwarz-braun international, dass auch in Kärnten und in Österreich der Nazismus offen und drohend wieder auftaucht.(…)
Primorski dnevnik, 11. Oktober 1972
Quelle: Digitale Bibliothek Sloweniens – dLib
„Unternehmer. Professioneller Bacon-Enthusiast. Fällt oft hin. Extrem introvertiert. Analytiker. Denker.“