Berlin – Nur noch ein Drittel der Bevölkerung stößt bereits ernsthaft auf die konservative Union Deutschlands. Die bayerische CSU, eine Schwesterpartei der Bundes-CDU, erwägt aufgrund des Aufstiegs der Alternative für Deutschland inmitten der schlimmsten Flüchtlingskrise sogar einen eigenständigen Auftritt bei den kommenden Wahlen.
Die christlich-sozialen Bayern hatten sich bereits vor vier Jahrzehnten zu einem solchen Schritt entschlossen, doch damals war der Anlass der persönliche Widerstand eines bayerischen Konservativen Franz Josef Strauß und CDU-Meister Helmut Kohl. Diesmal zielt die empörte bayerische Opposition eher auf die Politik der christdemokratischen Kanzlerin Angela Merkel.
Seit Ausbruch der Flüchtlingskrise verurteilt die CSU die Aufnahme Hunderttausender Flüchtlinge aus nahe gelegenen Krisenherden, und auch viele Liberalkonservative kritisieren einige Sozialprogramme der aktuellen Bundesregierung. Diese bringen selbst ihren sozialdemokratischen Initiatoren keine Wahlvorteile, da die Koalitionspartner von Angela Merkel laut Meinungsumfragen mittlerweile noch schlechter abschneiden.
Aufgrund von weniger als zwanzig Prozent Zustimmung laut Meinungsumfragen steht einigen Berichten zufolge auch der Vorsitz des Parteichefs und des Vizekanzlers auf der Kippe Sigmar Gabriel. Gut möglich, dass in den anderthalb Jahren vor den Parlamentswahlen auch die Positionen und Forderungen der SOD verschärft werden. Dies wäre nur ein Vorwahlkampf, ein möglicher unabhängiger Auftritt der bayerischen CSU wäre im Gegenteil ein politisches Desaster für die christdemokratische Kanzlerin, das noch mehr Politiker ihrer eigenen Partei gegen sie aufbringen würde.
Die Säule des Konservatismus gerät ins Wanken
Trotz vieler Umbrüche gilt die Union CDU/CSU als Stütze des erfolgreichen deutschen Konservatismus. Die Unzufriedenheit der deutschen Konservativen wird durch den Aufstieg der Alternative für Deutschland angeheizt, die immer erfolgreicher den Platz rechts von der CDU/CSU besetzt, genau den Platz, vor dem Franz Josef Strauß bereits gewarnt hatte. Laut der von der Bild-Zeitung veröffentlichten INSA-Umfrage würde der nationalistische Meteor der deutschen Politik nun fünfzehn Prozent aller Stimmen erhalten und damit die Grünen überholen, die bei dreizehn Prozent feststeckten. Die Linke bekäme zehn davon, die liberale FDP würde mit acht Prozent erneut in den Bundestag einziehen. Die Rückkehr der ehemaligen Koalitionspartner würde Bundeskanzlerin Merkel derzeit nicht viel helfen, so motiviert ist sie von der Entscheidung des letzten Jahres, eine Million Flüchtlinge aus benachbarten islamischen Ländern aufzunehmen.
In einer solchen Situation ist es symptomatisch, dass nur wenige Kanzlerinnen die Verdienste um die Lösung der damaligen Krisensituation auf dem Westbalkan und anderswo anerkennen. Ein weiteres großes politisches Desaster für Merkel sind die zunehmend autokratischen Tendenzen des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan, ein enger Verbündeter bei der Eindämmung der Flüchtlingskrise. Aktuelle Meinungsumfragen zeigen zudem, dass bis zu zwei Drittel der Deutschen kein weiteres Mandat von Angela Merkel wollen. Zusätzlich zu den Terroristen des Islamischen Staates fürchtet sich seine Regierung so sehr vor neuen Komplikationen mit Russland in der Ukraine und anderswo, dass sie nun die erste ernsthafte Verstärkung der heimischen Armee seit einem Vierteljahrhundert ankündigt. Verteidigungsminister Ursula von der Leyen Damit wird auch die grundsätzliche sicherheitspolitische Verankerung des mitteleuropäischen Landes in der europäischen und nordatlantischen Integration betont. Auch in der deutschen extremen Rechten und extremen Linken mehren sich pro-russische Stimmen.
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